Mit der Bearbeitung der einaktigen komischen Oper „Der Schauspieldirektor“ von Wolfgang Amadeus Mozart (KV 486) zur Circensischen Oper in zwei Teilen ist dem Arrangeur und künstlerischen Leiter der „Berliner Schlosskonzerte“ Dr. Roland Treiber ein grandioser Wurf gelungen. 1786 wurde diese sogenannte Festoper anlässlich eines Lustfestes des Kaisers in Schönbrunn aufgeführt. Die Handlung ist überschaubar: ein Schauspieldirektor stellt eine neue Besetzung zusammen ohne die Befindlichkeiten der Sänger, Schauspieler und Artisten zu berücksichtigen und auch ohne auf sein Sujet zu achten – und natürlich geht es um Streitigkeiten, Konkurrenz unter den Sängern, um Eifersucht, Liebe etc.
Die Verbindung zum Circus ist keinesfalls eine neue Erfindung, denn Artistik mit Menschen und Tieren gehörte selbstverständlich zu amüsanten Hoffesten des 18. Jahrhunderts dazu. Insofern ist die Oper „Der Schauspieldirektor“ geradezu prädestiniert, sie mit Musik, Gesang, Schauspiel, Artistik und Dressur in einem Zirkus aufzuführen. Bereits im Jahr 1992 hatte Treiber im Rahmen des Deutschen Mozartfestes ein Pilotprojekt mit der Oper „Soliman“ des Mozartzeitgenossen Joseph Martin Kraus in circensischer Form zur Aufführung gebracht.
Tatsächlich kann man behaupten, dass es sich bei diesem Event um eine neugewonnene, dem Spektakel des 18. Jahrhunderts entlehnte Kunstform handelt, die in ihrer Verbindung von klassischer Musik und unterhaltender Show mit Sicherheit eine Zukunft haben wird. Und dies vor allem, wenn die Künstler und Artisten so brillant ausgewählt wurden, wie es hier im Zelt des Circus Schollini auf dem Festplatz an der Spandauer Zitadelle im März zu hören und zu sehen war.
Die zur neuen Kunstform unabdingbare Qualität von guten Musikern, fabelhaften Sängern und atemberaubenden Zirkusartisten war bei der Premiere des „Schauspieldirektors“ in jeder Hinsicht gegeben: Das in Berlin und Brandenburg bekannte und renommierte Mozartensemble interpretierte die instrumentalen Partien stilsicher, das Zusammenwirken von Sängern und Ensemble gelang auch ohne Dirigent optimal. Die Sopranistin Kathleen Morrison (hier in der asiatischen Stimmakrobatin Sing Sang Song) ist Kanadierin und arbeitet derzeit in Weimar und Berlin. Mit ihrem beachtlichen Talent als Koloratursopran errang sie bereits 2010 als einzige Sängerin der kanadischen Westküste den Preis der „Jeunes Ambassadeurs Lyriques“.
Sarah Behrendt (in der Rolle der Mizzy Meisenknödel) studierte an der UdK Berlin und schloss ihre Studien mit Diplom Gesang/Musiktheater sowie mit dem Master of Music (Lied, Oratorium,Konzert) ab und ist seitdem auf diversen internationalen Bühnen anzutreffen.
Der Bariton Marion Maia stammt aus Brasilien. Er ist Stipendiat der Birmingham Conservatoires und hat bereits viele Titelrollen am Teatro Nacional Brasilia gesungen. 2015 war er in Opernproduktionen des Festivals OperOderSpree, bei der Sommeroper Schloss Britz sowie im Schloss Charlottenburg in Berlin zu hören.
Die Artisten des Circus Schollini beeindruckten die Zuschauer durch ihre schillernden Auftritte mit sauberster Akrobatik. Die Artistengruppe der Schollinis hat beim European Circusfestival 2013 in Belgien zahlreiche Preise gewonnen, darunter die Goldmedaille für eine atemberaubende Stuhlpyramide. Die jungen Mitglieder der Schollinis (Cherrity Scholl – Ringtrapez/ Merylin Scholl, Hohe Schule, Pedalistik/ Martin Scholl, Stuhlpyramide/ René Scholl, Kraftartistik) zeigen in der Luft, auf dem Drahtseil, in Jonglagen und in Dressuren von Hunden, Ponys und Pferden ihr vielseitiges Können, nahtlos eingebunden in die Mozartsche Oper, für deren Inszenierung ebenfalls Dr. Roland Treiber verantwortlich war.
Der Musikwissenschaftler Dr. Roland Treiber war langjähriger Kulturreferent der Stadt Zweibrücken. 1990 war er Gründer und erster Leiter des Musikfestivals „Euroklassik“, zudem Organisator mehrerer Mozartfeste. Er bearbeitete verschiedene klassische Opern und erfuhr als Regisseur durch Inszenierungen unter Einbeziehung von Artisten und Tieren auf der Bühne große Aufmerksamkeit. Er ist künstlerischer Leiter der „Klassiktage Berliner Schlösser“, der „Klassiktage München“ sowie Konzertveranstalter der Reihe „Perlen der Klassik“.
Die Kombination von gutem Arrangement nach meisterhafter Vorlage (Mozarts „Schauspieldirektor“), stilsicheren und professionellen Musiker, gepaart mit engagierten jungen Sängern und Artisten ist eine sichere Voraussetzung für den Erfolg dieser Produktion, die nun in allen Bundesländern zu sehen sein sollte, um der neugestalteten Gattung Operncircus mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Besonders zu begrüßen wäre hier mehr Engagement der Gemeinden oder Städte, einer solch engagierten jungen Szene finanziellen Spielraum zur weiteren Entfaltung zu geben. Ein weiterer ungeförderter Operncircus-Zyklus steht in Frage. Zur Förderung junger Musiker, Solisten und Zirkusartisten könnte das ein wichtiger kultureller Beitrag sein. Da kann man sich nur dem Statement im Programmheft anschließen: „Neue Wege sind kein Tabu. Gerade auch die Verbindung mit der klassischen Oper zeigt die Bereitschaft, diesen Weg zu gehen, eingebunden in eine mehrhundertjährige Tradition, ein neues Genre zu entwickeln. Beharren ist Stillstand, Kreativität Fortschritt“.