Für den Sommer 2013 ist wieder eine Opernproduktion auf höchstem Qualitätsniveau zu erwarten. Dies zeichnete sich schon bei der Osterarbeitsphase des Internationalen Opernkurses in der Musikakademie Schloss Weikersheim ab. Dirigent Bruno Weil und Regisseur Dominik Wilgenbus probten mit internationalen Nachwuchssängerinnen und -sängern für W.A. Mozarts „Don Giovanni“. Die 20 jungen Solisten, die im Sommer auf der Opernbühne im Weikersheimer Schlosshof zu erleben sein werden, kommen aus Frankreich, den USA, Deutschland, Griechenland, Lettland, Großbritannien und China. Die komplette Dirigierklasse von Bruno Weil an der Musikhochschule München war vom ersten Taktschlag an eine wertvolle Ressource.
Dominik Wilgenbus entwickelt seine Interpretation unmittelbar am Notentext. Der Regisseur sensibilisiert die Sängerinnen und Sänger dafür, wie sich aus jedem Takt die Vorstellungs- und Lebenswelt der Protagonisten erschließen lässt. Die des Don Ottavio etwa. Erster Akt, ein kurzes Rezitativ, ein Widerstreit von Gefühl und Verstand: „Che dite?“ Was sagst Du da? Ein Adliger soll einen Mord begangen haben? Unvorstellbar! „O ciel!“ Sollte tatsächlich wahr und geschehen sein, was nicht sein kann? „Stelle!“ Don Ottavio braucht Beweise. Als „Zeugenaussage“, die Don Ottavios Welt ins Wanken bringt, erhält die anschließende Arie, in der Donna Anna voll Entsetzen vom Mord an ihrem Vater berichtet, eine zusätzliche Intensität.
Musikalische Beweggründe
An diesem Nachmittag werden nicht Bewegungen probiert, sondern wesentlicher: Beweggründe. Und plötzlich sind die Sänger einander auf eine sichtbar andere Weise zugewandt, erhält die Musik einen hörbar anderen Klang und eine neue Dynamik. Diese in eine szenische Bewegung zu übersetzen, wird der nächste Schritt sein. Während der Probe wird viel gelacht. Für Wilgenbus ist Humor ein wichtiges Antriebsmittel für die Phantasiereise in die Rolle. „Ach ja, Donna Anna, wenn die mal nicht gleich wieder einen Herzinfarkt bekommt!“ – In der spaßhaften Überzeichnung werden die Bühnencharaktere zu herrlich komischen Typen. Als „opera buffa“ charakterisierte Mozart das Stück selbst! Zugleich gewinnen sie dadurch an Tiefe und Authentizität. Gerade in ihrer Widersprüchlichkeit werden sie lebendig: Zutiefst menschlich ist es, eine Sicherheitszone von Konventionen zu errichten und gleichzeitig frei sein zu wollen und ihnen zu entkommen suchen. Nicht jeder wird dabei zum Gewaltverbrecher wie Don Giovanni. Andere schaffen ihre persönlichen Unsicherheitsfaktoren und finden kleine Fluchten in Ohnmachtsanfällen oder amourösen Phantasien.
Der Internationale Opernkurs der JMD gilt als eines der renommiertesten Förderprojekte für den Opernnachwuchs auf europäischer Ebene. Unter Nachwuchssängerinnen und -sängern ist er als Sprungbrett zu einer beruflichen Karriere bekannt, und die Plätze im Kurs sind begehrt. Für die Produktion 2012/2013 hatten sich 230 junge Sängerinnen und Sänger aus aller Welt beworben.
Liebe zur Qualität
Höchste künstlerische Authentizität, kompromisslose Liebe zur Qualität und ein freundschaftlicher Teamgeist zeichnen den Kurs aus. Die Jeunesses Musicales stellt Menschen in den Mittelpunkt der Musik. Dies macht den größten vorstellbaren Unterschied in der künstlerischen Qualität! Sich zeigen, sich verletzlich machen. In der geschützten Atmosphäre des Weikersheimer Opernkurses ist dies möglich. In einem offenen künstlerischen Prozess kann so ein Stück lebendiges Musiktheater wachsen, intellektuell und ästhetisch fein gesponnen und mit einer unmittelbaren Energie, die berührt, die Zuschauer lachen und weinen lässt.
Dominik Wilgenbus ebenso wie der vielfach ausgezeichnete Mozart“exper-te“ Bruno Weil haben gerne erneut das Engagement für die Junge Oper Schloss Weikersheim angenommen. Für beide ist es ihre zweite Opernproduktion für die JMD, aber die erste miteinander. Sowohl der Regisseur als auch der Musikalische Leiter sind überzeugt, in Weikersheim ihre künstlerischen Vorstellungen auf ideale Weise verwirklichen zu können.
Temperament & Leichtigkeit
Szenenwechsel in der Musikakademie Schloss Weikersheim: Bruno Weil hat mit den Sängerinnen und Sängern gearbeitet, in Einzelproben oder mit wechselnden Besetzungen im Ensemble. Nun, am vorletzten Tag der Arbeitsphase, steht ein erster Durchlauf auf dem Plan für die musikalischen Proben. Zwei Dirigentenpulte stehen in der Mitte des Halbkreises: Die Dirigierschüler übernehmen abwechselnd die Leitung. An ihrer Seite, mit höchster Aufmerksamkeit, Bruno Weil. „C“, eine Sängerin hat sich vertan, „1/16!“ hier war der Auftakt zu langsam. Weil hat seine Ohren überall, und auch seine Augen. Gibt sein Student die Einsätze mit ausreichender Prägnanz, funktioniert die Kommunikation zwischen dem Dirigent und den Solisten? Leise gibt er Hinweise, und nur manchmal greift er unterstützend auch mit den Händen ein. Dann dirigieren Schüler und Meister synchron. Doch die meis-te Zeit, das ist seinem Gesicht anzusehen, ist er zufrieden mit dem Ergebnis der ersten Arbeitswoche. Nach ihren Arien erhalten Donna Anna oder Don Ottavio ein anerkennendes „Bravo“ oder der Dirigent nickt den Solisten, während die Musik weiterläuft, schmunzelnd zu. Daumen hoch, wenn eine Stelle besonders gut gelingt. Bei Leporellos Registerarie hüpft der Dirigent auf seinem Stuhl fröhlich mit. In Bruno Weils Interpretation klingt Mozarts Musik wunderbar leicht und frei, energiegeladen ohne Hast. Er geht ein hohes Tempo, aber manchmal mahnt er auch „nicht zu schnell“ – bei allem Temperament ist immer genügend Raum, damit die Musik schwingen kann.
Ab Mitte Juni startet der Opernkurs in seine heiße Phase, dann wird auch das Bundesjugendorchester dazu stoßen. Die JMD hat das jüngste Spitzenorchester Deutschlands für die Produktion 2013 verpflichtet und komplettiert damit ein künstlerisches Team auf höchstem Niveau. Sein fulminantes Finale erlebt der Internationale Opernkurs in neun Open-Air-Vorstellungen von W.A. Mozarts „Don Giovanni“ im Weikersheimer Schlosshof.
W.A. Mozart: „Don Giovanni“
Premiere am 25. Juli 2013, weitere Vorstellungen am 26., 27., 28., 30.,
31. Juli, 2., 3., 4. August 2013
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