Weit gereist waren in diesem Jahr fast alle nationalen Vertreter/-innen zur Annual General Assembly des Jeunesses Musicales (JM) International Weltverbandes. In der 12-Millionen-Metropole Sao Paulo traf man sich vom 23.–30. Juni 2018 auf Einladung der brasilianischen JM Sektion. Die Reise lohnte sich. Denn weit war auch der Horizont der Veranstaltung, der beteiligten Menschen und der diskutierten Themen. Jeunesses Musicales Deutschland wurde erneut durch das Präsidiumsmitglied Franziska Spohr vertreten.
Wie in den letzten Jahren erfolgreich erprobt, knüpfte auch 2018 eine öffentliche Konferenz an die Generalversammlung an. So trafen sich bei der einwöchigen Veranstaltung nicht nur Delegierte aus den Ländern des JM Netzwerks – von China über Afrika und Norwegen bis Kanada –, sondern auch Experten für Jugend und Musik in diversen Kontexten aus aller Welt. Entsprechend bereichernd war der gegenseitige Austausch, im Konferenzsaal wie am Mittagstisch.
Gemeinsamer Schwerpunkt der Konferenz und der Generalversammlung waren die sozialen und gesellschaftlichen Wirkungskräfte, die Musik für junge Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen entfalten kann. „FOR ALL“ proklamierte der mutige Konferenztitel. Passend dazu berichteten Gäste von sozial orientierten Musikorganisationen wie Musicians without Borders, der Sphinx Organisation für Diversität in den Künsten, dem berühmten Sozialprojekt in Medellin, Kolumbien, und der Brasilien-weit tätigen Gastgeberorganisation Projetto Guri. Die lebensverändernden Effekte von Musik wurden auch vielfältig erlebbar durch farbenfrohe Konzerteinlagen junger Musikgruppen, durch Kinder-Kompositionen und live Improvisationsmusik von Jugendorchestern und Videos musizierender Jugendlicher in Gefängnissen oder Konfliktregionen.
Auch die Berichte der JM-Delegierten zeigten, wie das Mission Statement des Weltverbandes „making a difference through music“ („durch Musik etwas bewirken“) quer über den Globus Realität wird. So sind die Musikakademien des Music Crossroads Programms in Malawi, Mozambique und Zimbabwe inzwischen in vollem Betrieb und weiten ihr Programm kontinuierlich aus. Immer mehr junge Menschen, speziell auch Frauen, können hier durch Musik für den Arbeitsmarkt qualifiziert und in ihrer gesellschaftlichen Stellung gestärkt werden. In Schweden unterstützt JM Geflüchtete durch das groß angelegte „Songlines“-Programm unter der Schirmherrschaft von Sting, und in den stets neu entstehenden ETHNO Camps begegnen sich Menschen unterschiedlichster Herkünfte mit Melodien aus der eigenen Heimat. Eine Kostprobe von der dort entstehenden musikalisch-menschlichen Kraft erhielten die Delegierten am letzten Abend beim Open-Air-Abschlusskonzert von ETHNO Brasilien.
Musik ist nicht nur etwas für Konzertsäle und prall gefüllte Geldbeutel – dies war in Sao Paulo Grundannahme und wichtigste Botschaft der Versammlung. Auch im Bereich der klassischen Musik gibt es große Wirkungspotentiale. Diese zur Geltung und Blüte zu bringen, dem widmet sich das „Classical Committee“ unter Vorsitz der deutschen Delegierten Franziska Spohr seit etwa einem Jahr intensiv. Aktueller Schwerpunkt ist ein Programm zur Befähigung werdender Profi-Musiker/-innen unter dem Arbeitstitel „New Ways in Classical Music“. In Workshop-Konferenzen, ausgerichtet von verschiedenen JM-Sektionen, soll internationalen Teilnehmenden hier eine umfassende Weiterbildung geboten und die Erfahrung des JM-Netzwerks mit praxisnahen Arbeitsweisen und Peer-Learning-Methoden eingesetzt werden. Für dieses neue Vorhaben war die „Annual General Assembly“ ein wichtiger Meilenstein: Die Versammlung begrüßte das Konzept und bewilligte die JMI-Finanzierung für das erste Jahr. Das Pilotprojekt unter Trägerschaft der JM Deutschland soll bereits im März 2019 in Berlin stattfinden.