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Unterricht in inklusiven Gruppen

Untertitel
Landesmusikakademie Hamburg: Symposium Musik und Inklusion – gemeinsam aktiv
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Der Begriff der Inklusion hat im Zusammenhang mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die 2008 in Kraft getreten ist, in zunehmendem Maße Einzug in die gesellschaftlichen und bildungspolitischen Diskussionen gehalten.„Inklusion beschreibt die Gleichwertigkeit eines Individuums, ohne dass dabei Normalität vorausgesetzt wird. Normal ist vielmehr die Vielfalt, das Vorhandensein von Unterschieden. Die einzelne Person ist nicht mehr gezwungen, nicht erreichbare Normen zu erfüllen, vielmehr ist es die Gesellschaft, die Strukturen schafft, in denen sich Personen mit Besonderheiten einbringen und auf die ihnen eigene Art wertvolle Leistungen erbringen können.“ (Quelle: Wikipedia-Artikel „Inklusion“)

Inklusive pädagogische Ansätze betonen Vielfalt in Bildung und Erziehung als Bereicherung für alle, da soziale Kompetenzen und gegenseitiger Respekt gefördert werden und niemand mehr vom gemeinsamen Lernen und Leben ausgeschlossen wird. Sie erfordern aber auch die Fähigkeit der Lehrenden, jedes Kind gemäß seiner individuellen Möglichkeiten angemessen zu fördern. Diesen Gedanken wird sich kaum jemand entziehen, sie klingen selbstverständlich und führen doch  in der Praxis zu vielfältigen Diskussionen.

Musik eignet sich in besonderer Weise zur inklusiven Bildung. Musik verbindet, Musik spricht alle Menschen an und der Spaß am Musizieren kann alle einbeziehen. Auf den Konzertbühnen der Welt stehen immer wieder berühmte Musiker mit offensichtlichen Handicaps wie der Jazzpianist Michel Petrucciani, die Schlagzeugerin Evelyn Glennie und der Sänger Thomas Quasthoff. Er hat wiederholt in Interviews geschildert, wie er aufgrund seiner Behinderung nicht zur Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule zugelassen wurde.

Die Qualität von Musikdarbietungen wird besonders gerne anhand der handwerklichen, technischen Perfektion und Virtuosität gemessen. Gründet sich musikalische Begabung vor allem darauf? Die Fluxus-Bewegung in den 60er-Jahren mit Künstlern wie John Cage und Joseph Beuys nahm bewusst eine Gegenposition zum elitären Kunstbegriff ein. Sie propagierten „Jeder Mensch ist ein Künstler“ und wollten mit ihren Performances ein „lebendes Gesamtbild der Gesellschaft“ zeigen.

Robert Wagner, Leiter der Musikschule Fürth und Vorsitzender des VdM-Fachausschusses „Menschen mit Behinderung an Musikschulen“ zeigt, wie eine „Musikschule für alle“ funktionieren kann. In dem Pilotprojekt „Berufung Musiker“ erlernten dort 17 Mitarbeiter aus Lebenshilfe-Werkstätten das Handwerk des Musikers und präsentierten ihr Können in einem abschließenden „Meisterkonzert“. Hier geht es auch um Qualität, Intensität und mitreißendes Musizieren auf der Basis des individuellen Potentials jedes Mitspielers.

Sind solche Fördermaßnahmen, die eine besondere, durch gemeinsame  individuelle Eigenschaften definierte Gruppe herausnimmt, noch inklusiv oder schon wieder exklusiv? Brauchen wir Sonderförderung, Quoten und klientelbezogene Angebote, um die vorhandene Ungleichheit auszugleichen und den Normalfall „Inklusion“ zu erreichen?

Inklusion bezieht sich nicht nur auf Menschen „mit zugeschriebener Behinderung“. Das Unterrichtsideal geht oft von disziplinierten, strukturierten und aufnahmebereiten Schülerinnen und Schülern aus, die interessiert sind, das zu lernen, was der Lehrer in seiner musikalischen Biografie gelernt und für gut befunden hat. Wie viel kreatives, musikalisches Potential steckt im „Fremden“, in Menschen aus anderen Kulturen, in Verhaltensauffälligkeiten? Bedeutet Inklusion andererseits aber nicht auch, mich als Lehrkraft einzubeziehen, um meine Eigenarten und auch Grenzen zu erkennen und sie ernst zu nehmen?

Am 23. November 2013 veranstaltet die Landesmusikakademie Hamburg in Zusammenarbeit mit der Behörde für Schule und Bildung Hamburg in der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg, Mittelweg 42 das „Symposium Musik und Inklusion – gemeinsam aktiv“.

Am Vor- und Nachmittag geht es in einer Fachtagung für Musikpädagogen, Musiker/-innen und Verantwortliche in Schule, Musikschule und Verbänden um Musik-, Tanz und Ins­trumentalunterricht in inklusiven Gruppen. Konzerte, Präsentationen, Vorträge, Diskussionen und Workshops zeigen anhand erfolgreicher Ansätze aus ganz Deutschland, wie die Verschiedenartigkeit bereichernd wirken und ausdrucksstarkes Musizieren mit künstlerischem Anspruch entstehen kann. Am Abend findet ein öffentliches Musikfest mit inklusiven Bands aus Hamburg im Miralles-Saal der Staatlichen Jugendmusikschule statt.

Winfried Stegmann, Landesmusikakademie Hamburg

Weitere Infos und Anmeldung unter www.landesmusikakademie-hamburg.de

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