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Antje Valentin. Foto: Simon Pauly

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Stand der Dinge im Bereich der Umsatzsteuerfreiheit für die musikalische Bildung – Statement der Generalsekretärin des Deutschen Musikrates

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Wir haben die Generalsekretärin des Deutschen Musikrates Antje Valentin um eine Stellungnahme in Sachen Jahressteuergesetz 2024 (Referentenentwurf) gebeten und zu dem Schreiben zum Thema aus dem Bundesministerium der Finanzen, das wir kürzlich veröffentlicht hatten.  

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Das Schreiben wirkt auf den ersten Blick beruhigend, aber wir sehen keinen Grund zur Entwarnung. Denn das Bundesfinanzministerium hat in seiner Antwort erneut unklar gelassen, wie Hochschulvorbereitung und Freizeitgestaltung im Unterricht voneinander unterschieden werden sollen. Folgender Satz im Gesetzesentwurf lässt aufhorchen: „Ob die erbrachten Unterrichtsleistungen den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, kann nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich hierbei sind u.a. die thematische Zielsetzung und Ausgestaltung des Unterrichtsangebots.“ 

Bei Wegfall des Bescheinigungsverfahrens durch eine fachlich kompetente Kulturbehörde wirkt es so, als ob Bürokratie entfiele. Allerdings muss nichtsdestotrotz laut o.g. Schreiben irgendeine Instanz für jeden Einzelfall entscheiden, ob Ausgestaltung des angebotenen Musikunterrichts den Vorgaben, „auf eine Aufnahmeprüfung an einer (Fach-)Hochschule vorzubereiten“, entspricht. Wenn jede Art von Musikunterricht automatisch als Bildungsleistung anerkannt würde und damit umsatzsteuerfrei wäre, wäre das sicherlich die einfachste und unbürokratischste Lösung. Aber davon ist der Gesetzesentwurf weit entfernt, weiterhin wird auf den Nachweis der potenziellen Berufsvorbereitung Bezug genommen.

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Wenn es laut Unionsrecht und somit auch laut Entwurf des Jahressteuergesetzes keine Bescheinigung für Privatmusiklehrer:innen mehr geben darf, muss also jemand anderes entscheiden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Es ist davon auszugehen, dass dies die örtlichen Finanzämter sind. Sollen diese dann „thematische Zielsetzung und Ausgestaltung des Unterrichtsangebots“ prüfen?

Gelebte Realität an Finanzämtern ist zurzeit, dass sogar bei Vorliegen einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG Musikunterricht oft als Freizeitbetätigung gesehen wird. Dies ist beispielsweise beim Finanzamt Erfurt der Fall. Hier wird anspruchsvoller Klavierunterricht als Freizeitvergnügen eingestuft und eine Klavierlehrkraft mit Umsatzsteuer belegt. Nicht nur in Erfurt, auch an anderen Orten sind hierzu Klagen anhängig. Hier herrscht eine große Diskrepanz, und genau diese Realität in Zusammenhang mit dem scheinbar beruhigenden Schreiben des Finanzministeriums beunruhigt uns und unsere Mitgliedsverbände. 

Deshalb besteht die berechtigte Befürchtung, dass Musikunterricht nach Inkrafttreten des Gesetzes bundesweit künftig durch die Finanzämter vorrangig als Freizeitbetätigung betrachtet wird und in langwierigen Gerichtsverhandlungen geklärt werden muss, dass es sich doch um potenziell berufsvorbereitende Bildung handelt. Das ist genau das Gegenteil von Bürokratie-Abbau! 

Wir fordern daher eine rechtssichere und klare Regelung, die sowohl den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht als auch die musikalische Bildung nicht noch weiter unter Druck setzt.

Antje Valentin, 22.08.2024

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