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Zukunftspläne nach erfolgreicher Existenzsicherung

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Im 125. Jahr seines Bestehens bezieht das Peter-Cornelius-Konservatorium Mainz eine neues Domizil
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So genau weiß man gar nicht, wann der Mainzer Paul Schumacher in der Mittleren Bleiche ein Konservatorium gründete. „Um 1882“ steht auf der Website des heutigen Peter-Cornelius-Konservatoriums, „1883“ in der Festschrift zum 125-jährigen Jubiläum. Die Zeittafel in der offiziellen Mainzer Stadtgeschichte von 1998 nennt die Gründung überhaupt nicht. Das über 1.300-seitige Buch enthält zwar Spezialkapitel zu Themen wie Stadtplanung, Architektur und Kunst, zu Wasserversorgung und Müllabfuhr, aber nicht zur Mainzer Musikgeschichte.
Gefeiert wurde dennoch – mit einem attraktiven Jubiläumswochenende um den 18. Mai und einem Festakt am 1. Juni. Oberbürgermeister Jens Beutel zog sich dabei in der Datumsfrage geschickt aus der Affäre, als er bemerkte: „Wenn gefeiert wird, dann natürlich im neuen Haus.“ Tatsächlich residiert das Peter-Cornelius-Konservatorium erst seit dem Umzug am 17. Dezember 2007 und der offiziellen Einweihung am 12. Januar 2008 in seinem Neubau an der Binger Straße. Beutels Bekenntnis zum PCK als „festem Bestandteil des künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens in unserer Landeshauptstadt Mainz“ war keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder hieß es in den letzten Jahren, der Betrieb eines Konservatoriums sei keine städtische Angelegenheit. Noch 2007 forderte der Bund der Steuerzahler die Schließung.

„Musikalische Lehre von den allerersten Anfängen bis zur künstlerischen Reifeprüfung, alles unter einem Dach und in städtischer Trägerschaft – dieses gibt es nur noch in Mainz und Darmstadt“, stellt Direktor Dr. Gerhard Scholz in der Festschrift klar, und fügt hinzu: „Viele deutsche Musikhochschulen sehnen sich nach diesem Praxisfeld“. Der Beobachter von Außen spürt die Vorteile des Ineinandergreifens von Jugendmusikschule, Musikschule und Berufsausbildung wahrscheinlich am deutlichsten bei dem seit 1999 alljährlich im Herbst stattfindenden Mainzer musikpädagogischen Seminar, bei dem eine ausgewählte Thematik aus Sicht verschiedener Disziplinen von international renommierten Wissenschaftlern und Künstlern behandelt wird. 2000 hieß es zum Beispiel „Abenteuer Unterricht“, 2002 stand das Thema „Klassenmusizieren“ auf dem Programm, 2005 „Üben“. Theorie und Praxis werden hier eng verzahnt. Die Dozenten und Studenten des Hauses sitzen nicht nur im Publikum, sondern immer wieder auch zu Demonstrationszwecken auf der Bühne.

Versonnen lächelt Direktor Schulz, seit fast zehn Jahren im Amt, auf seinem Bild in der Festschrift den Betrachter an. Bei der persönlichen Begegnung scheint ihm die Anspannung eines jahrelangen Existenzkampfes noch ins Gesicht geschrieben. Erst 1983 war das Konservatorium aus beengten Verhältnissen in das ehemalige Polizeipräsidium gezogen. Doch schon Ende der 90er-Jahre legte die sich verschärfende Haushaltskrise der Stadt einen Verkauf des denkmalgeschützten Barockpalais im Herzen der Innenstadt nahe. Es begann eine hektische, aber vergebliche Suche nach realistischen Ausweichquartieren, bis sich 2006 eine günstige Neubau-Lösung abzeichnete, die dann auch mit hoher Geschwindigkeit realisiert wurde.

Der neue Platz an einer vielbefahrenen Ausfallstraße zwischen Hauptbahnhof, Hauptfriedhof und Universitätscampus, mit einem großen Autohaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite und einem hohen Licht schluckenden Parkhaus auf der Hinterseite, demonstriert dem Betrachter zwar sinnfällig, welch geringen Stellenwert Kultur, Bildung und Erziehung im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr in unserer Gesellschaft genießen, doch natürlich muss man heute mit diesen Gegebenheiten leben. „Sehen Sie,“ insistiert Scholz, „jetzt haben wir ein eigenes Haus mit einem Mietvertrag von 25 Jahren und einer zweimaligen Verlängerungsoption von zehn Jahren. Im Dalberger Hof waren wir doch alle 14 Tage zum Abschuss freigegeben.“

Er betont die Vorteile des Standortes: Die Verkehrsanbindung mit Bus und Bahn so nahe am Hauptbahnhof ist ideal. Das „PCK“-Logo an der Außenwand ist deutlich sichtbar. Und der neue Konzertsaal mit seinen 250 Plätzen hat genau die in Mainz bislang fehlende Dimension. Das Konservatorium werde in der Stadt künftig ganz anders wahrgenommen werden. Und vielleicht trägt das PCK mit zur Belebung der bislang eher tristen Gegend bei. Im Erdgeschoss hat die Firma Musik Alexander gerade ihre Klavierabteilung eröffnet, und wenige Häuser weiter hat eine Bäckerei-Filiale aufgemacht. Gegenüber entsteht gerade das Intercity-Hotel. Und sobald der bewährte Kooperationspartner des PCK, die Hochschule für Musik, ihren entstehenden Neubau auf dem Universitätscampus bezogen haben wird, bietet sich das neue Haus als musikalische Brücke zwischen Stadt und Universität an.

Den Festakt am 1. Juni eröffneten die Chöre des PCK unter Leitung von Ronald Pelger eindrucksvoll mit drei Auszügen aus Felix Mendelssohn Bar-tholdys Sinfonie-Kantate „Lobgesang“ – Anlass für den geschichtsbewussten Kulturdezernenten Peter Krawietz, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Er erinnerte an Felix Mendelssohn als Gründer des ersten Konservatoriums in Leipzig, an den Anlass für die Komposition des „Lobgesangs“, nämlich die Feier der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg in Mainz, und er hätte natürlich auch an den Stellenwert des Komponisten für das bürgerliche Konzert- und Oratorienwesen im ganzen 19. Jahrhundert erinnern können. Wichtig war Krawietz der Übergang des Konservatoriums in städtischen Besitz und städtische Verwaltung im Jahr 1920. Mit Hans Rosbaud (1920–1929) und Hans Gál (1929–1933) amtierten zwei heute noch bekannte Musiker-Persönlichkeiten als Direktoren.

Wie auch andernorts begann mit dem Nationalsozialismus der kulturelle Niedergang. Gál wurde wegen seiner jüdischen Abstammung fristlos entlassen und emigrierte nach England – was ihn später nicht hinderte, bis zu seinem Tod 1987 freundschaftliche Kontakte nach Mainz zu pflegen. Es folgten zahlreiche Wechsel an der Spitze, der Verlust des kurzfristig errungenen Musikhochschul-Status, die Taufe auf den Namen des Mainzer Komponisten Peter Cornelius, die Zerstörung des Gebäudes in der mittleren Bleiche und die Einstellung des Betriebs in der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Und mühsam gestaltete sich der Wiederaufbau: Räumlichkeiten und leitende Persönlichkeiten wechselten in schneller Folge, bis unter der Direktion von Volker Hoffmann (1966–1985) wieder Kontinuität einkehrte.

Hoffmanns Nachfolger Wolfgang Schmidt-Köngernheim (1985–1998) setzte neue Akzente: Er suchte die Kooperation zwischen Musikschule und allgemein bildender Schule, öffnete die musikalische Bandbreite in Richtung Popularmusik und die musikalische Unterweisung in Richtung Gruppenunterricht. Im Kollegium löste er damit heftige Kontroversen aus. Dr. Franz-Josef Schwarz, Leiter der Studienabteilung und stellvertretender Direktor meint im Rückblick dazu: „Sehen Sie sich die wechselvolle Geschichte des PCK an. Es hat ja alle Wendungen des 20. Jahrhunderts mitgemacht, ständige Wechsel erlebt. Kein Wunder, dass die Kollegen sich selbst vor allem über die alte Tradition des Einzelunterrichtes und des Lehrer-Schüler-Verhältnisses definierten!“ Gerhard Scholz als Schmidt-Köngernheims Nachfolger gelang es, das Institut zu befrieden – durch Sachlichkeit, Gesprächsbereitschaft, Pragmatismus, praktische Beispiele und Fortbildungsangebote wie das musikpädagogische Seminar. Seine Linie beschreibt er als „kritisch traditionsbewusst“. Mit dem Satz „Üben ist vor allem Arbeit und nicht Spaß“, setzt er der event-orientierten Erlebnisgesellschaft das Bekenntnis zu künstlerischer Qualität entgegen, „und wer es wirklich wissen will in Mainz, der muss zu uns kommen“. Im Gespräch wird spürbar: Nach erfolgreicher Existenzsicherung freut sich die Führungsspitze darauf, mit dem Kollegium in die Zukunft zu denken. „Wir haben eine sehr flache Hierarchie“, sagt Schwarz, und Scholz ergänzt: „Wer hier mit seinen Ideen nicht durchdringt, hat sie noch nicht genügend durchdacht.“

Ideen sucht man am PCK derzeit vor allem für zwei Bereiche. Zur Präsentation beim 10. Mainzer Musikpädagogischen Seminar am 25. Oktober 2008 ist ein Wettbewerb „Musik in der Ganztagsschule“ ausgeschrieben: Hier geht es um neue, fundierte Unterrichtskonzepte aus der Kooperation von Musikschule und allgemein bildender Schule, die einen niedrigschwelligen Zugang zum Musizieren eröffnen und zur nachhaltigen Beschäftigung mit Musik anregen. Und ein zweiter Wettbewerb, so­eben ausgelobt, sucht nach Konzepten für die elementare Musikpädagogik, die den sich ändernden gesellschaftlichen Bedingungen Rechnung tragen. Durch die Kooperation mit den allgemein bildenden Schulen und der freien Jugendpflege, durch die zunehmende Arbeit mit Erwachsenen, auch mit Senioren und Behinderten, stehe die Disziplin vor neuen Herausforderungen, erläutert Franz-Josef Schwarz. An denverschiedensten Stellen gebe es zwar viele neue Ansätze, aber sie würden nicht bekannt. Es fehle in Deutschland schlicht ein Forum für die musikalische Früherziehung und ihre Weiterentwicklung: „Warum sollen gute Ideen nicht allen zugutekommen?“

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