Wenn am Montag (25. Juli) die Trompeten auf dem Balkon des Festspielhauses in Bayreuth kurz vor 16.00 Uhr zur Vorstellung rufen, geschieht das bereits zum 100. Mal. Die berühmtesten Opernfestspiele der Welt laden immer ab 25. Juli zu 30 Vorstellungen der Hauptwerke von Richard Wagner ein.
Und was Rang und Namen hat und zudem genügend Sitzfleisch, um auf den harten und engen Bänken gut sechs Stunden auszuharren, wird wieder auf dem Roten Teppich erwartet: Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, die neue Chefin des Internationalen Währungsfornds, Christine Lagarde, Bundesaußenminister Guido Westerwelle und das gesamte bayerische Landeskabinett. Dazu die echten Wagnerianer aus dem Showbusiness.
Mit Spannung erwartet: «Tannhäuser»
Eröffnet wird diese Saison mit einer Neuinszenierung von Wagners «Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg». Regie führt erstmals auf dem Grünen Hügel der Berliner Sebastian Baumgarten. Dass der von Opern-Puristen gefürchtete Meister der Dekonstruktion auch lustig kann, bewies seine letzte Musiktheater-Regiearbeit: An der Komischen Oper Berlin setzte er Ralph Benatzkys Operette «Im Weißen Rößl» so überdreht, charmant und handwerklich kunstvoll in Szene, dass alle Vorstellungen die Inszenierung zum Renner der Saison wurde. Baumgarten spielte die Original-Revuefassung und bot das volle Alpen-Programm samt Zittermusik, Kuhglocken und Feuerwehrkapelle.
«Die stilistischen Mittel im Theater, sich politisch zu äußern, sind verbraucht und nicht mehr scharf. Ich mache jetzt das, wozu ich auch aus dem Bauch heraus Lust habe. Es geht um eine Gesamtästhetik, auch in Bayreuth wird es darum gehen», sagte Baumgarten der Nachrichtenagentur dapd. Auch da interessiere es ihn, über eine eigenständige Sprache der Bilder zu gehen. «Ich bin ein absoluter Gegner dieser modernen Reduktion vor allem im Sprechtheater. Opulenz ist, was mich interessiert.»
Neben Baumgarten steht auch der Dirigent des «Tannhäuser» vor seinem Bayreuth-Debüt: der 53-jährige Thomas Hengelbrock. Und auch für die Sängerbesetzung verpflichteten die Festspielleiterinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner zahlreiche Debütanten. So wird der schwedische Tenor Lars Cleveman die Titelrolle singen, ihm zur Seite als Elisabeth steht die finnische Sopranistin Camilla Nylund. Die Bühnenbilder kommen von Joep van Lieshout. Die oft provokativen Werke des unter diesem Namen firmierenden Künstlerkollektivs aus Rotterdam bewegen sich zwischen Installation, Happening und Bildhauerei.
Wieder Kritik an Ticketvergabe
Im Vorfeld der Festspiele hatte es erneut Kritik an der Ticketvergabe gegeben. Der Bundesrechnungshof hat die Vergabe von Gratis-Eintrittskarten und festen Kartenkontingenten an Politiker und Prominente für die Bayreuther Festspiele scharf kritisiert. 2010 gelangten nur 40 Prozent der Eintrittskarten in den freien Verkauf, bei Premieren waren es sogar nur 16 Prozent. Der Rest werde als Freikarten oder feste Kontingente an Politiker, Sponsoren und Prominente aus Wirtschaft und Gesellschaft vergeben. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) will die umstrittene Ticketvergabe der Bayreuther Festspiele an einen Mäzenatenverein in den zuständigen Aufsichtsgremien diskutieren. Gegebenenfalls würden auch Korrekturen an diesem Verfahren vorgenommen.
Die Opernaufführungen «Lohengrin» und der «Ring» in einer Inszenierung eigens für Kinder sind diesem Jahr bei den Festspielen auch unter freiem Himmel zu erleben. Am 14. August laden die berühmten Opernfestspiele zur Festspielnacht ein. Erneut haben somit mehrere zehntausend Zuschauer die Gelegenheit, auch ohne Eintrittskarten für den Grünen Hügel Wagners Opern zu erleben.
Als erster Fernsehsender wird Arte künftig jedes Jahr eine Oper live von den Bayreuther Festspielen übertragen. Zum Auftakt können die Zuschauer am 14. August Wagners «Lohengrin» in der Inszenierung von Hans Neuenfels miterleben.