Es ist keine große Überraschung: Die Folgen des so genannten „Herrenberg-Urteils“ haben die Musikhochschulen erreicht. In einem ersten Feststellungsbescheid wurde eine langjährige Tätigkeit im Lehrauftrag unter Berufung auf diese (auf die dortige Musikschule bezogene) Entscheidung des Bundessozialgerichts als abhängige Beschäftigung eingestuft (siehe Seite 19). Kurz vor Redaktionsschluss kam – auf eine andere Hochschule bezogen – ein weiterer entsprechender Bescheid hinzu. Das ohnehin prekäre Konstrukt, wonach an vielen Musikhochschulen ein bedeutsamer Teil des Unterrichtsbetriebs davon abhängt, dass Lehrbeauftragte ihn unter mehr oder weniger schlechten Bedingungen am Laufen halten, wird damit noch instabiler.
Abhängig
Man kann davon ausgehen, dass die betroffenen Hochschulen den Sachverhalt juristisch werden klären lassen. Dann wird sich zeigen, ob die in den Hochschulgesetzen der Länder verankerte Handhabung der Lehraufträge als Verwaltungsakte – in Abgrenzung zu privatrechtlichen Honorarverträgen an Musikschulen – vor Gericht die von den Hochschulen erhoffte Berücksichtigung findet. Die Zeit bis zu einer möglichen Entscheidung könnte man nun auf vielfältige Weise nutzen. Die schlechteste, leider schon praktizierte Reaktion besteht darin, das Problem auf dem Rücken der Betroffenen auszutragen: indem Lehrbeauftragte – um eines der Argumente für selbstständige Beschäftigung zu entkräften – von Selbstverwaltung und Mitbestimmung ausgeschlossen werden und – besonders schäbig – die Verantwortung auf die in den jeweiligen Fachgruppen Zuständigen abgewälzt wird.
Stattdessen wäre es an der Zeit, das Konstrukt selbst endlich von Grund auf neu aufzustellen. Dafür bräuchte es zunächst einmal die nötigen festen Stellen, um den grundsätzlichen Bedarf zu decken. Es sollte aber auch berücksichtigt werden, dass es an den Hochschulen einerseits tatsächlich kurzfristige Bedarfe geben kann, bei denen es möglich sein muss, mit einer gewissen Flexibilität zu reagieren, und dass es andererseits auch Lehrkräfte gibt, die aus guten Gründen nicht fest angestellt sein möchten. Am Ende liegt der Schlüssel wie immer bei einer ausreichenden Finanzierung der Musikhochschulen. Wenn „Herrenberg“ sich in der Rückschau als entscheidender Impuls in diese Richtung erweisen sollte, wäre das tatsächlich eine Überraschung.
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