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Titelseite der nmz 2024/12 - 2025/01.

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Homo scrutum

Untertitel
Editorial von Theo Geißler
Vorspann / Teaser

Es kommt Freude auf. Ein zartes Pflänzchen Hoffnung: Nach ersten kunstvollen Schweifsonetten, Tausend-Seiten-Hochspannungs-Romanen und computergenerierten Farbflächen im Schimpanso-Malstil, die plötzlich mal für fünf Millionen Euro ersteigert werden, jumpt auch Musik auf die geldwerten Spitzenplätze BitByte-generierten Reichtums. Die Topplätze der Hitparaden werden schon mal von chip-Kompositeuren, pseudovokalen Klangerzeugern erobert. Bestgeschulte Helden des Programmier-Katechismus haben uns dank innovationsbegrenzter Medien aller Art überzeugt: Alles wird besser dank künstlicher Intelligenz. Wir freuen uns darauf, keine Fließbandarbeit mehr machen zu müssen. Süße, sensible, auf Wunsch auch sadistische andro-, phyto-, zoo­phile hirnkomplette, emphatische Konstrukte befriedigen wirklich alle sogenannt menschlichen Bedürfnisse und Ansprüche. Von der Wiege (nicht mehr nötig, Reagenzflasche), bis zur Bahre (nicht mehr nötig, da in einem gewissen Alter oder bei sonstigen Vorschädigungen rechtzeitige Komplettkonvertierung in edle Erden vorgenommen wird) sind wir feile Grundstoff-Ware.

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Text

Schluss, kranker Pessimist, Möchtegern-Nostradamus. Merke: Dank KI werden wir persönlich weder Mathematik, Physik, Fremd- oder überhaupt irgendeine Sprache lernen müssen. Nachdem das gesamte Kompendium aller menschlicher Emanationen längst in Clouds und dergleichen eingelesen ist – natürlich für jeden, der noch was sucht: greifbar – müssen wir eigentlich gar nix mehr lernen. Folge: Schluss mit Lehrermangel. Die Quantencompis haben inzwischen fühlen gelernt, ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt – und füttern uns. Dauert noch ein bisschen: Bis dahin überbrücken Institutionen wie die GEMA beispielsweise Nahrungs-, Unterhaltungs- und sonstige Versorgungslücken für Kulturschaffende. Erinnern wir uns, wie einfallsreich vor vier Jahrzehnten dieser kluge Club für Komponisten und Texter eine hohe Maut von den Datenautobahnen abgegrast hat. Viel Musik lebt davon noch heute. Und weil das komplette Klang- und Melodiematerial der Welt bereits von idealistischen Firmengiganten wie Google oder Amazon ohne Gegenleistung bei hohem Energieverbrauch abgeerntet wurde, hat die schlaue GEMA jetzt den Vorteil, über eine gerechte Verteilung an die ehemaligen Rechteinhaberinnen und -inhaber nachzudenken. Was zu erwarten ist, schildert (hoffentlich) in der nächsten Ausgabe ihr Generaldirektor.

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