Hauptbild
Text und Foto: Patrick Erb

Text und Foto: Patrick Erb

Hauptrubrik
Banner Full-Size

Geplantes Ideal versus gelebte Realität

Untertitel
Mitarbeiter*innen des Bayerischen Rundfunks streiken für Erhalt von Programm und Gebäude
Vorspann / Teaser

Der sorgsame Umgang mit den Rundfunkbeiträgen der Bürger ist eine Tugend, die die Rundfunkverantwortlichen vorbildlich verinnerlicht haben, denn dies soll mittlerweile um jeden Preis geschehen, allen voran auf Kos­ten von Qualität und Vielfalt. So blickt insbesondere der Sender Bayern 2 auf radikale Umgestaltungsmaßnahmen. Aber auch mit den BR-eigenen Immobilien soll „sorgsam“ gewirtschaftet werden.

Autor
Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Um den geplanten Reformen Widerstand zu leisten hat Autorin Eva Demmelhuber zu einer Kundgebung am 19. September aufgerufen, wozu sich mehr als hundert Mitarbeiter und langjährige Angehörige des BR auf dem Rundfunkplatz versammelt haben. Zu den teilweise per Audiobotschaft zugeschalteten Unterstützern und Rednern zählen Gert Heidenreich, Axel Milberg, Konstantin Wecker sowie Chor und Symphonieorchester des BR.

Auftakt zur Kundgebung war ein Audioclip mit Material aus 60 Jahren Bay­ern 2. Die Veranstalter zeigten dadurch, wie breit gefächert das Angebot des Rundfunks schon immer war: von den Nachrichten und dem Wetter, über Radiolesungen und Medizinratgeber bis zu den vielleicht heute nicht mehr politisch korrekten Haushaltstipps für Frauen und Morgengymnastik. Es sollte den Verantwortlichen, allen voran der BR-Intendantin Katja Wildermuth veranschaulichen, dass Vielfalt die deutsche Rundfunklandschaft ausmacht. Dort ist man „für gelebte Praxis leider Taub, was für eine Hörfunkchefin leider traurig ist“, wie Gert Heidenreich feststellt. Die ARD will Fakten schaffen und redet bereits von Kultur-Offensive. Damit meint ARD-Intendant Kai Gniffke das Wegrationalisieren von Literatur- und Musiksendungen, in summa ein Verlust an Vielfalt und an guten Sendeplätzen.

Kulturbeiträge sollen in mehrstündigen Magazinformaten in die Bedeutungslosigkeit entlassen werden.

Und Wildermuth ist willfährige Anhängerin dieses am eigenen Haus betriebenen Vandalismus. Doch in Zeiten der Verengung von Meinungskorridors und des Verlusts an gelebter Demokratie brauche man das Radio „als hörbares Denken“. Es scheint allerdings nach Ansichten der Intendanz kein Bedarf mehr für Kreativität und vielfältiges Denken zu geben.

Das Radio, das immer „den Hintergrund im Vordergrund“ hatte, soll durch Verallgemeinerung banalisiert, Redakteure zu „Zulieferern“ der Kultur degradiert werden.

 

Embed
Text

Als weiteres drängendes Themenfeld ist der in Planung stehende Abriss des Rundfunkhauses nahe dem Münchner Hauptbahnhof zur Ansprache gekommen. Wie es viele der Redner und Transparente verkündeten, könne man den fehlenden Denkmalschutz für dieses altehrwürdige Haus nicht nachvollziehen. Auf Seiten der Intendanz sei ein Abriss und Neubau finanziell schonender als eine Sanierung des Hauses. Neutral betrachtet muss in Zeiten der rasanten Teuerung von Bauprojekten diese Kalkulation in Zweifel gezogen werden. Nicht zuletzt möchte der BR seine Radiomitarbeiter nach Freimann – zum Sitz des BR-Fernsehen – zwangsversetzen, um das innenstadtnahe, sehr wertvolle Grundstück in einem Neubau zu vermieten. Technologiegiganten wie Google oder Apple werden sich da freuen, bauen oder haben diese doch bereits zentrumsnah gebaut.

Artikel auswählen
Ort
Autor
Print-Rubriken
Unterrubrik