Über den Jahreswechsel feierte das Bayerische Landesjugendorchester sein 50-jähriges Bestehen. Mit sechs Konzerten unter anderem in der Tauberphilharmonie Weikersheim, dem Audimax Regensburg und der Münchener Isarphilharmonie. Als Solist konnte Albrecht Mayer, Oboe, gewonnen werden, der selbst einmal Mitglied in diesem Nachwuchsorchester war und weiß, wie richtungsweisend diese Einrichtung ist. Unter anderem sie hat ihm den Weg zum Solo-Oboisten der Berliner Philharmoniker geebnet.
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Stolz auf eine geglückte Alpensinfonie: zwei junge Musiker des BLJO. Foto: Susanne van Loon
Denn sie wissen, was sie wollen
Beim Abschlusskonzert in München hielt Solist Albrecht Mayer eine bemerkenswerte Begrüßungsansprache, aus der wir im Folgenden zitieren:
„Liebe Gäste, einen wunderschönen guten Abend. Toll, dass Sie so zahlreich heute hier sind. Dieses wunderbare Orchester, dieses BLJO, das war einmal auch mein Orchester. Und mehr als das. Im Alter von 14 bis 19 war ich in diesem wunderbaren Ensemble und es hat mir alles bedeutet. Es war meine Familie. Ich hatte als Jugendlicher riesige Probleme zu sprechen, war ein echter Stotterer und das war nicht das Einzige auffällige an mir. Ich war damals einer der Jüngsten und galt als ‚verhaltensauffällig‘, wie man heute dazu sagen würde. Dass ich von diesem Orchester miterzogen wurde, kann man gar nicht hoch genug bewerten. Mein Vater war auch Kinderarzt und hat sich unter anderem auch wegen mir mit diesem Thema sehr auseinandersetzen müssen. Sie haben keine Vorstellung, wie viele verhaltensauffällige Kinder hier vor Ihnen sitzen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Achten Sie bitte in Zukunft auf die verhaltensauffälligen Kinder. Die halten sehr viele Überraschungen bereit, auch positive. Ich war einer von ihnen.“
Anspruchsvolles Programm
Unter der Leitung von Nicolas Rauss spielte das Orchester Edward Elgars „Soliloquy for Oboe and Orchestra“, Friygyes Hidas „Concerto for Oboe and Orchestra (1959)“ und „Eine Alpensinfonie op. 64“ von Richard Strauss. Jeder kennt „Pomp and Circumstance“, das Violinkonzert oder das Cellokonzert von Edward Elgar. Aber keiner kennt die geplante Oboensuite „Soliloquy“ von Elgar für Orchester und Oboe. Fertiggestellt hat er kurz vor seinem Krebstod nur den langsamen Satz. „Soliloquy“, so Albrecht Mayer, „bedeutet Selbstgespräch. Und weil es sonst niemand spielt, tue ich es heute mit diesem wunderbaren Orchester, kurz vor Friygyes Hidas’ Oboenkonzert, das dieser in Budapest als seine Examensarbeit geschrieben hat.“

Tief verbunden mit dem Bayerischen Landesjugendorchester: Nicolas Rauss dirigierte ein Konzert zum 50-jährigen Jubiläum des Orchesters mit Oboenkonzerten von Elgar und Hidas sowie mit der Alpensinfonie von Richard Strauss in der Münchner Isarphilharmonie. Foto: Susanne van Loon
Das Bayerische Landesjugendorchester BLJO ist das staatlich geförderte Jugendsinfonieorchester des Freistaates Bayern. Es wird getragen vom Landesausschuss Bayern „Jugend musiziert“ e.V. und bietet Jugendlichen zwischen 13 und 20 Jahren eine fundierte Ausbildung in großer sinfonischer Besetzung und in der Kammermusik unter Anleitung fachkompetenter Dozenten und unter Leitung namhafter Dirigenten und Dirigentinnen. Gemeinsame Proben und Konzerte mit Berufsmusiker*innen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks legen Grundsteine ür eine Orchestererziehung auf professionellem Niveau. Die jungen Musiker des BLJO sind zwischen 13 und 20 Jahre alt und viele von ihnen finden im Anschluss ihren Weg in ein Musikstudium und machen das Spielen im Orchester so zu ihrem Beruf.
Andreas Burger im Gespräch
Anlässlich des 50. Jubiläums unterhielt sich Andreas Kolb mit Andreas Burger, seit über drei Jahrzehnten Geschäftsführer des BLJO.
neue musikzeitung: Wie geht es Ihnen, wenn Sie das Orchester heute hören; wenn Sie die jungen Talente heute erleben? Was hat sich verändert, was ist gleich geblieben?
Andreas Burger: Meine beglückten Gefühle, die ich bei den Konzerten des BLJO habe, sind tatsächlich ziemlich unverändert. Es ist jedes Mal aufs Neue eine Wohltat und Geschenk für die vielen Unbilden bei der Vorbereitung und teilweise auch während der Probenphase. Aber wenn die jungen Menschen dann so grandios musizieren, wie jetzt wieder beim Fuffzigsten, verblassen Ärger und Nöte. Meistens.
Verändert hat sich die Mentalität der meisten Jungen. Ich finde sie viel erwachsener und disziplinierter, als wir das in dem Alter waren. Die Musikerinnen und Musiker wissen sehr genau, was sie wollen; sie wissen, dass sich der Traum eines Musikerberufes viel schwerer realisieren lässt als vor 30 Jahren.
nmz: Das Programm mit Oboenkonzerten von Elgar und Hidas sowie mit der opulenten Alpensinfonie von Richard Strauss ist anspruchsvoll. Wie entsteht so ein Jubiläumsprogramm?
Burger: Die Idee, Albrecht Mayer zu fragen, kam von mir, weil ich mit ihm zeitgleich 1980 ins BLJO eingetreten bin und ihn von damals her noch kenne. Und dass dieser Mensch eine Bilderbuchkarriere gemacht hat und für den 50. Geburtstag ein glänzender Botschafter sein wird, war abzusehen. Die beiden Oboenwerke waren sein Vorschlag, ich wollte eigentlich Strauss’ Oboenkonzert – er nicht…
Vor längerer Zeit wollte ich als Hauptwerk eigentlich Mahler III machen, aber das war dann wegen des Chores und der Solisten doch zu aufwändig. Und vor allem hatte ich gehofft, dass wir von der Bayerischen Staatsregierung eine Einladung nach Berlin erhalten, um dort das Neujahrskonzert der Bayerischen Vertretung im Konzerthaus zu bestreiten. Da kam mir die Idee, mit Richard Strauss als Bayern ein weiteres hervorragendes Argument zu haben, eingeladen zu werden. Positive Rückmeldung gab es auch schon vor langer Zeit, im Endeffekt aber hat man sich doch für ein anderes Orchester entschieden, die Alpensinfonie ist geblieben. Nicolas Rauss erzählte mir, dass er dieses Werk als junger Mensch in der Schweiz gehört hatte und er seither sehr fasziniert davon war, es aber nie in seinem Dirigentenleben gemacht hatte. Ihn musste ich nicht überzeugen. Zu überzeugen war eher der künstlerische Beirat, denn es schien im Vorfeld, dass die Blechbläser, im Speziellen Hörner und Trompeten, vielleicht doch überfordert sein könnten. Dieses Stück ist auch für Profis eine echt harte Nuss. Durch umfangreiche Überlegungen und Vorproben in München durch unsere Blechdozenten Thomas Kiechle, Trompeter im BRSO, unserem Patenorchester, und dem Horndozenten Christian Loferer, Hornist an der Münchner Staatsoper und ebenfalls wie Thomas Kiechle Ehemaliger des BLJO, wurde es dann positiv entschieden.

Vor drei Jahrzehnten war er einer von ihnen: Solist Albrecht Mayer mit Musikerinnen des Bayerischen Landesjugendorchesters. Foto: Susanne van Loon
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